Spritze beim Zahnarzt – kurzer Stich, langer Atem!

Stellen Sie sich vor, der Zahnarzt bohrt, das Geräusch stösst Ihnen bis tief in die Ohren. Und der Bohrer schreitet immer weiter ins Zahninnere voran, die Schmerzen sind nahezu unerträglich. Eine schlimme Vorstellung, oder? Dagegen ein kleiner Pieks ins Zahnfleisch und nur das Geräusch des Bohrers bleibt, die Schmerzen werden nicht mehr realisiert, das hört sich doch besser an. Es gibt schon Fälle, wo man auf die Spritze verzichten kann: bei einer kleinen Füllung oder wenn Sie wirklich wenig schmerzempfindlich sind. Eine Wurzelbehandlung, oder grössere Füllungen, ganz zu schweigen von länger anhaltenden Projekten ist eine Spritze ein Muss, denn heldenhaft muss man nicht sein, das ist nicht der Ort für Heldentaten.

Denken Sie mit Dankbarkeit an sie!

Wenn man darüber nachdenkt, was man ohne Spritze erleiden müsste, kommt einem ein Gefühl der Dankbarkeit. Natürlich ist die Vorstellung, ein spitzer Gegenstand wird einem ins Zahnfleisch gestochen, ein bisschen unheimlich, aber je nach Schmerzempfinden ist es wirklich auszuhalten. Eine ganz kurze Sekunde und schon ist es vorbei. Bei der Spritze ist entscheidend, wo genau injiziert wird, wie die Art des Gewebes ist, in das die Betäubung hineinkommt. Vorne an den Schneidezähnen kann es etwas empfindlicher sein, der Unterkiefer ist ein bisschen härter, daher ist dort auch etwas unangenehmer. Aber sehr schnell kommt ein Kribbelgefühl, ein Wärmestoss und die Stelle wird schliesslich gefühllos. So können Sie der Zahnbehandlung ohne Sorgen vor Schmerzen entgegensehen. Über eventuellen Probleme oder Faktoren, die gegen die Spritze sprechen könnten, lesen Sie im weiteren Verlauf des Artikels. Nun sehen wir genau an, wie die Spritze angewendet wird, was der Zahnarzt vorher wissen muss und welche Arten von Betäubungen es gibt.  

Spitze Spritztechnik
Spitze Spritztechnik

Informieren und dann stechen!

Am Anfang jeder Zahnbehandlung gibt es einen Fragebogen, den der/die Patient/in ausfüllen muss, um spätere Unannehmlichkeiten zu vermeiden. Dort wird der Zahnarzt darüber informiert, ob Sie allgemeine Erkrankungen haben, Allergien vorliegen oder es Einwände gegen bestimmte Medikamente gibt. Diese ausführliche Anamnese ist unerlässlich und es ist überaus wichtig, alles darin zu erwähnen, vielleicht auch Symptome oder gesundheitliche Probleme, die man nicht unmittelbar mit Zähnen in Verbindung bringen würde. Diabetes, Herz-Kreislauf-Probleme, Leber- oder Nierenschaden, hoher oder niedriger Blutdruck sind eindeutig zu vermerken, aber natürlich auch über Schwangerschaft muss der Arzt informiert sein. Sogar die Lebensgewohnheiten geben wichtige Informationen, Alkohol, Nikotin oder Drogenkonsum dürfen auch nicht tabuisiert und verheimlicht werden. Das könnte bei der Spritze beim Zahnarzt gefährlich sein. Ausserdem enthalten einige Betäubungsmittel Adrenalin – Sie hatten vielleicht auch schon mal die Erfahrung, dass Sie nach der Spritze starkes Herzklopfen hatten. Aber auch Asthmatiker sind wegen des Sulfitgehalts gewarnt, dass dem Zahnarzt mitzuteilen. Im Allgemeinen kann man jedoch sagen, dass es nur äusserst selten zu Nebenwirkungen oder allergischen Reaktionen bei lokalen Betäubungsmitteln kommt.

Spitze Spritzentechniken 

Die Kanäle einer Spritze sind heutzutage so dünn, dass ihr Einstich in die Schleimhaut wirklich kaum zu spüren ist. Es gibt aber auch eine zusätzliche Oberflächenbetäubung mit Gels, Sprays oder Salben, die die Sache noch angenehmer machen. Bei Kindern kann man sogar zwischen Geschmacksrichtungen wählen, damit sie sich darauf konzentrieren. Hier dürfte man wirklich kaum noch Schmerzen, höchstens ein bisschen Druck empfinden.

Spritze im Oberkiefer

Die sogenannte Infiltrationsanästhesie wird im Oberkiefer angewendet. Hierbei wird mit einer Spritze die betäubende Lösung unter die Schleimhaut eingebracht. Es wird gezielt die Umgebung des Nadeleinstiches der Spritze, die Nerven in dieser Region betäubt. So können einzelnen Zähne, der in der Umgebung liegende Knochen, kleine Bereiche der Mundschleimhaut, das Weichgewebe und die Haut des Gesichts betäubt werden. Ausser im Oberkiefer wird diese Technik an den Frontzähnen im Unterkiefer eingesetzt.

Spritze im Unterkiefer

Im Unterkiefer wird eine andere Technik eingesetzt, die sogenannte Leitungsanästhesie. Der Zahnarzt wird bei dieser Technik das Betäubungsmittel so in die Nähe des Nervs einspritzen, die die Unterkieferhältfe versorgt, dass die gesamte Hälfte des Unterkiefers betäubt wird, einschliesslich des Kinnbereichs vorne. Also die gesamte Leitungsbahn wird betäubt und das führt zu Taubheit in der Unterlippe sowie bei der Zunge.

Spritze bei einzelnen Zähnen

Es gibt ein paar begrenzte Eingriffe, die es erfordern, nur einzelne Zähne zu betäuben. Die sogenannte intraligamentäre Anästhesie wirkt nur bei einzelnen Zähnen. Hier kommt eine spezielle Spritze mit sehr dünner Nadel zum Einsatz, in dem das Betäubungsmittel in den Spalt zwischen Zahn und Knochen eingebracht wird. In dem Fall wird nur der eine Zahn betäubt. Das ist auch eine zusätzliche Möglichkeit in Fällen, wenn die Wirkung anderer Betäubungsmitteln nicht ausreicht.

Die Schritte des Spritzens

Drei Schritte örtlicher Betäubung können in den meisten Fällen identifiziert werden:

Die Nadelspitze durchsticht die Haut 

Ein kleiner Nadelstich, der Bruchteil einer Sekunde und schon vorbei, selbst wenn er nicht ganz ohne Schmerzen ist. Ein Lokalanästhetikum hilft auf der Oberfläche der Haut, das hilft noch gegen den eventuellen Schmerz. Zusätzlich strafft der Zahnarzt die Haut, damit der Stich noch leichter ist.

Die Nadelspitze wird genau positioniert

Der Zahnarzt positioniert nun die Nadel an die richtige Stelle, wo das Betäubungsmittel eingebracht werden soll. Das kann unangenehm werden, deshalb lässt der Zahnarzt ein paar Tropfen vom Betäubungsmittel an die Stelle tröpfeln, damit die Nadel lieber in ein taubes Gewebe kommt. 

Die Spritze spritzt das Mittel hinein

Dieser Schritt ist leider wirklich ein bisschen schmerzhaft. Das liegt daran, dass sich das Betäubungsmittel im Gewebe verbreiten muss und bis die benötigte Menge dort hinkommt, kann es ein unangenehmes Druckgefühl verursachen. Wie stark der Schmerz ist oder empfunden wird, hängt von der Art des Gewebes ab: deshalb ist es besser, die Injektionsrate langsamer zu halten, denn dann verspüren Sie weniger Schmerzen. Das bedeutet, dass eine Injektion idealerweise ca. zwei Minuten dauern kann. Die Lokalanästhesie wirkt dann etwa nach dem Ausziehen der Nadel in drei bis vier Minuten.  Es entsteht ein kleiner Widerspruch dabei, denn gerade die Patienten, die mehr Angst haben, müssen vielleicht mit mehr Schmerz rechnen. Das liegt daran, dass sie wegen der Angst und dem daraus folgenden unruhigen Verhalten die Injektion schneller erhalten, um schneller ans Ende der Behandlung zu kommen und eben nicht abwarten können, bis die langsame, dafür aber schmerzfreiere Technik durchgeführt werden kann. 

Vorsichtsmassnahmen vor und nach der Spritze

Wenn Sie eine Patientin sind, die mehr Angst vor der Spritze, als vor der Behandlung selbst haben, dann lohnt es sich ein bisschen über folgenden Vorschlag nachzudenken. Bedenken Sie, dass wenn Sie diese paar Sekunden ganz ruhig durchstehen und der Arzt in Ruhe die Spritze verabreichen kann, es auch schneller vorbei geht. Denn unter der Qual und der Angst verkrampfen Sie und öffnen den Mund nicht weit genug, oder durch die Angstreflexe schütten Sie zu viel Speichel aus und das hindert beispielsweise sowohl eine Kariesbehandlung als auch das Einsetzen einer Spritze. 

Eine Frage, die noch oft gestellt wird ist, wann man nach einer Spritze und einer Behandlung wieder essen kann. Die Wirkung hält etwa zwei bis drei Stunden. Sobald die Betäubung der Lippe nachgelassen hat und man alles wieder spürt, kann man wieder essen und trinken. Vorher merken Sie ja nicht, wenn etwas zu heiss oder zu kalt ist, oder sie beissen sich auf die Lippe ohne es zu spüren. Auch das Reaktionsvermögen ist etwas eingeschränkt, daher ist es auch besser, nicht Auto zu fahren. Bei bestimmten schwereren Behandlungen müssen je nach Vorschlag des Zahnarztes längere Wartezeiten eingehalten werden. 

Besondere Vorsicht mit der Spritze

  • bei Kindern
    Damit die Kinder nicht ein Leben lang Angst vor dem Zahnarzt haben, wird vor der Spritze mit einem Gel die Stelle extra betäubt und extrem dünne Kanüle verwendet. Nach der Behandlung müssen die Eltern aufpassen, dass die Kinder die betäubte Stelle nicht verletzen und nicht frühzeitig essen oder trinken.
  • bei Asthmatikern
    Es ist zwar sehr selten, aber es können allergische Reaktionen vorkommen. Sulfit als Stabilisator und Methylparaben als Konservierungsmittel können unter Umständen solche hervorrufen, deshalb Zahnarzt unbedingt informieren.
  • bei Vorerkrankungen 
    Da viele lokale Betäubungslösungen Adrenalin enthalten, ist es sehr wichtig, über Herzerkrankungen, hohen Blutdruck oder Diabetes bescheid zu wissen. Denn Adrenalin kann dazu führen, dass eines dieser Krankheitsbilder  unerwartet auftritt oder schlimmer wird.
  • in der Schwangerschaft
    Natürlich ist die lokale Betäubung auch in der Schwangerschaft möglich, jedoch mit Vorsicht in Hinsicht auf Articain oder Adrenalin. Grundsätzlich ist es empfehlenswert, Zahnbehandlungen in den ersten drei Monaten lieber nicht auszuführen.
  • wenn die Spritze nicht wirkt
    bei etwa 20 Prozent der betäubten Patienten wirkt die Spritze nicht erwartungsgemäss. Das kann mehrere Gründe haben, z.B. das Gewebe ist ein bisschen entzündet, oder der Zahnarzt trifft doch nicht die richtige Stelle oder die Nervenstränge liegen anders, als vermutet und die Knochen sind besonders dick. Die Betäubungsmitteln werden so gewählt, dass ein Nachspritzen in solchen Fällen keine zusätzlichen Probleme bereitet. Nebenwirkungen einer Spritze treten äusserst selten auf, und meistens liegt es auch nicht an der Spritze selbst, sondern eher an dem Zahnarzt. Es kann passieren, dass die falsche Stelle erwischt wird, zu viel und zu schnell gespritzt wird, was dann auch zu Blutergüssen bis hin zur Ohnmacht führen kann. Aber es ist wirklich extrem selten und mit einer Vertrauensperson als Zahnarzt wird es nicht passieren.

Fazit

Ohne Betäubung ist es zwar möglich, aber überflüssig zahnärztliche Behandlungen über sich ergehen zu lassen. In den meisten Fällen werden sie perfekt ausgeführt, es werden wirklich millionenfach Spritzen eingesetzt. Sie helfen dabei, dass die Schmerzsignale nicht in das Gehirn weitergetragen werden und die Patienten ausser, dass sie mit offenem Mund sitzen müssen, sonst keine unangenehmen Schmerzen empfinden. Fragen Sie bitte unbedingt den Zahnarzt, wenn Sie daran interessiert sind, wie alles passiert oder schliessen Sie einfach die Augen, vertrauen Sie ihm und lassen einfach alles passieren.

Autor: Dr. Noémi Kovács - Kieferchirurgin in Budapest und Zürich

Häufig gestellte Fragen


Kann man auf eine Spritze beim Zahnarzt verzichten?

Man kann, aber es lohnt sich in den wenigsten Fällen. Selbst Angstpatienten berichten, dass die Behandlung mit Spritze viel erträglicher gelaufen ist, weil die Schmerzperiode bei einer Spritze wirklich viel kürzer ist, als die ganze Behandlung mit Bohren, Füllung durchstehen zu müssen.

Was kann gegen eine Spritze sprechen?

Grundsätzlich spricht nichts gegen eine Spritze, es kann nur sein, dass man bestimmte Vorsichtsmassnahmen einhalten muss. So sollte bei Herz-Kreislaufproblemen, Kindern, Schwangerschaften auf bestimmte Bestandteile einer Spritze, wie Adrenalin, Sulfit oder Articain verzichtet werden.

Wann kommen die Schmerzen nach der Spritze wieder?

Sie müssen nicht unbedingt wiederkommen, aber grundsätzlich wenn die Betäubung aus der Mundschleimhaut wieder weg ist, können die Zähne schmerzempfindlich sein. Das ist eins-zwei Tage nach der Behandlung vollkommen normal, bei länger anhaltenden Schmerzen bitte den Zahnarzt informieren.

Wie schmerzhaft ist eine Spritze wirklich?

Es wäre gelogen zu sagen, dass eine Spritze nicht schmerzhaft ist. Aber die extrem dünnen Nadeln, die Erfahrung des Zahnarztes und ein vorheriges Betäubungsgel helfen dabei, fast keine Schmerzen, eher ein Druckgefühl zu spüren.

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